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Tagungen und Veranstaltungen 2020

Gratulation nach Bremerhaven zum Gewinn des europäischen Preises für barrierefreie Städte

Access City Award 2020
Logo Access City Award ©EU-KOM

Der zweite Platz des European Access City Awards geht in diesem Jahr an die Stadt Bremerhaven. Das freut uns sehr! Mit diesem Preis zeichnet die Europäische Kommission Städte aus, die erfolgreich daran arbeiten, für ihre Bürgerinnen und Bürger barrierefreier zu werden, den gleichberechtigten Zugang von Menschen mit Behinderung zum städtischen Leben fördern und für ihre Angebote und Initiativen zu werben und diese weiterentwickeln.
Weitere Informationen auf bremerhaven.de

Festival eigenARTig!

Die sechste Ausgabe des Festivals inklusiver Tanzkunst lädt zum Genuss hochkarätiger Bühnenstücke und zur Entdeckung vielfältiger Bewegungssprachen ein. Das von tanzbar_bremen initiierte und organisierte Festivals findet dieses Jahr mit zahlreichen Tanzkünstler*innen aus Bremen und der Region sowie mit einigen Beiträgen aus dem In- und Ausland vom 22. bis 27. September in der Schwankhalle, im Theater Bremen und unter freiem Himmel statt.
Workshops, Filmisches und virtuelle Gesprächsräume ergänzen dieses Jahr das Festivalerlebnis.

Weitere Informationen entnehmen Sie bitte der Festivalwebsite.

Gelungene Auftaktveranstaltung zur Fortschreibung des Landesaktionsplans

Logo Landesteilhabebeirat Bremen

In Kooperation veranstalteten der Landesteilhabebeirat und der Focal Point (Senatorin für Soziales) am 13. Februar die Auftaktveranstaltung zur Fortschreibung des Landesaktionsplans zur Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention. Annähernd 200 Personen folgten der Einladung in das Kwadrat und untermauerten damit das breite Interesse der Zivilgesellschaft an dem Fortschreibungsprozess. Als Vorsitzender des Landesteilhabebeirats lud Dr. Joachim Steinbrück in seiner Begrüßung alles Interessierten dazu ein, sich aktiv im Prozess einzubringen.
Einen Bericht von der Auftaktveranstaltung zur Fortschreibung des Landesaktionsplans lesen sie hier.

Treffen der Vertreter behinderter Menschen in den Rundfunk- und Fernsehräten des öffentlich-rechtlichen Rundfunks

Am 30. Januar 2020 kamen die Vertreterinnen und Vertreter behinderter Menschen in den Rundfunk- und Fernsehräten des öffentlich-rechtlichen Rundfunks zu ihrem jährlichen Austausch zusammen. Dieser fand beim Südwestrundfunk (SWR) in Mainz statt. Neben einem gemeinsamen Austausch der Aufsichtsmitglieder fand unter anderem ein erstes Treffen mit der zeitgleich in Mainz tagenden Projektgruppe "Barrierefreiheit in der ARD" unter Leitung von Niels Rasmussen (NDR) und der Projektbeauftragten für barrierefreie Angebote beim ZDF, Nicola Foltys, statt. Mehr

Welt-Braille-Tag – Joachim Steinbrück zu Gast bei Bremen Zwei

Mit dem Welt-Braille-Tag steht der 4. Januar seit 2001 in vielen Ländern ganz im Zeichen des Punktschriftsystems. Der 4. Januar ist der Geburtstag vom Erfinder der Brailleschrift, Louis Braille (1809 – 1852). Der Radiosender "Bremen Zwei" nahm den Welt-Braille-Tag am 4. Januar 2020 zum Anlass um die Bedeutung der Blindenschrift für sehbehinderte und blinde Menschen zu erörtern. Joachim Steinbrück nahm als Studiogast an der Sendung teil.

Mitschnitt des Interviews (mp3, 18.1 MB)

RB: Hier ist Bremen 2. Wer nicht sehen kann oder nur sehr schlecht sehen kann, ist auf die Brailleschrift angewiesen. Diese Schrift hat der Franzose Louis Braille 1825 entwickelt und sie besteht aus Punktmuster, die in Papier gepresst sind. Ich hoffe, dass ich mich da korrekt ausdrücke. Und die man mit den Fingerspitzen ertasten kann. Heute ist Welt-Brailletag. Heute an diesem vierten Januar, also am Tag, der darauf aufmerksam machen soll, wie wichtig diese Schrift für viele sehbehinderte und nichtsehende Menschen heute ist. Und einer, der das besonders gut weiß und der sich mit der Schrift richtig gut auskennt, ist Dr. Joachim Steinbrück. Er ist der Landesbehindertenbeauftragte der Stadt Bremen und nutzt die Brailleschrift selbst. Und er ist jetzt bei mir im Studio.
Schönen guten Tag Herr Steinbrück!

JS: Guten Tag Herr Albrecht.

RB: Jetzt haben sie auch Mikrofon. So jetzt also ich grüße sie. Schön, dass sie hier bei uns sind. Ganz allgemein gefragt, in welchen Momenten ist diese Schrift für sie ganz besonders wichtig?

JS: Sie ist ganz wichtig, wenn ich Vorträge halte als Gedächtnisstütze. Sie war für mich als Richter sehr wichtig, weil ich die Notizen zu den Akten in der Gerichtsverhandlung unter meinen Fingern hatte. Sie ist für mich wichtig, wenn ich am Hauptbahnhof ankomme, am Gleis oben stehe an der Treppe und will wissen, muss ich links oder rechts zum Hauptausgang. Weil das steht dann an dem Geländer in Blindenschrift. Ich kann es nachlesen. Und wenn ich Medikamente habe, also ich bin jetzt in einem Alter, wo man nicht nur ab und zu mal ein Medikament hat, sondern manchmal auch zwei drei und wenn dann in Blindenschrift draufsteht, was das ist, hilft mir das einfach. Ja die Dinge voneinander zu unterscheiden.

RB: Was mir neu ist, dass es ja auch diese versteckten Botschaften gibt. Etwa am Bahnhof, dass sie sich da sozusagen herantasten können an das richtige Gleis. Das war mir neu.

JS: Ja das ist am Treppengeländer immer rechts oben oder unten und zwar dahinter. Man sieht es gar nicht, sondern nur, wenn man an das Geländer anfasst. Ist in Blindenschrift und auch in der sogenannten Pyramidenschrift. Das ist eine Reliefschrift jeweils diese Angabe gemacht. Also unten steht dann immer Gleis 5 links Gleis 6 rechts zum Beispiel und wenn ich oben bin, steht eben auf der rechten Seite immer wo es Hauptausgang und wo es zum Nordausgang geht.

RB: Wie ist das eigentlich, ich frage einfach mal so ohne große Einleitung, lassen Sie sich gerne was vorlesen? Ich könnte mir vorstellen, also wenn ich sagen würde ich könnte mal irgendwann vielleicht nicht mehr sehen, ich würde lieber gerne direkten Zugang zum Text haben und es selbst erfühlen als mir ständig von anderen Leuten was vorlesen zu lassen, weil es mich so selbst unselbstständig macht. Täuscht mein Eindruck?

JS: Also Blindenschrift reduziert ja wie das banale Beispiel Bahnhof zeigt oder Medikamente die Abhängigkeit von fremder Hilfe. Manchmal geht es mir so, ich lasse mir dann gerne etwas vorlesen zum Beispiel von meinem Computer. Der hat eine Sprachausgabe. Er hat aber gleichzeitig auch ein kleines Blindenschriftdisplay, eine Braillezeile, wie wir sagen, wo ich einen kleinen Textausschnitt auch unter den Fingern haben kann. Das heißt, ich arbeite ganz oft auch in der Kombination vorlesen und Blindenschrift lesen.

RB: Sie haben so einen Apparat dabei, ne?

JS: Ja, das ist jetzt so eine Mini-Braillezeile, da werden nur 14 Zeichen der Blindenschrift umgesetzt. Die kann ich aber über Bluetooth zum Beispiel mit meinem Smartphone verbinden. Kann sie verbinden mit meinem PC per Kabel oder Bluetooth, so dass ich immer auch die Chance habe, mal was unter die Finger zu kriegen. Und mir geht es oft so, dass sich zum Beispiel Namen, die in Nachrichtensendungen oft auftauchen - mir fällt jetzt spontan Netanyahu ein aus Israel - da weiß ich überhaupt nicht, wie man das schreibt. Denn manchmal ist das einfach auch wichtig, um es sich besser merken zu können, die Schreibweise zu kennen.

RB: Wie nehmen Sie ihre ganze Bildung auf? Indem sie sich was von anderen Leuten erzählen lassen oder indem sie ständig lesen?

JS: Lesen, in Kombination auch. Also wo mir das noch mal sehr bewusst geworden ist, wie wichtig die Schrift ist, auch etwas unter den Fingern zu haben, ist als ich italienisch gelernt habe, vor zehn fünfzehn Jahren, weil ich gemerkt habe, dass ich mir bestimmte Sachen einfach viel viel besser einprägen kann, wenn ich sie einmal unter den Fingern gehabt habe. Weil das gehörte Wort ist einfach auch auf eine Art flüchtig und ich weiß dann oft die Schreibweise gar nicht und nuschel dann irgendwas, was ich akustisch aufgeschnappt habe, nach aber es ist irgendwie doch falsch.

RB: Ich lerne, wichtig ist für einen nicht sehenden Menschen, etwas unter den Fingern gehabt zu haben, etwas begriffen zu haben, um es dann besser aufzunehmen, besser zu speichern, besser weiter zu verarbeiten, wenn ich es mal so zusammenfassen darf. Wie ist das im Zeitalter von Digitaltechnik? Verliert die Brailleschrift an Bedeutung, weil es Alternativen gibt?
Erste Frage, also Alternativen, was weiß ich, über Computerprogramme?
Zweite Frage: Ja weil sie vielleicht so umständlich ist oder so?

JS: Also ich glaube dass sie eine Bedeutungsänderung erfährt auf jeden Fall und ich kenne jüngere Leute, die also deutlich jünger sind als ich, so zwischen 20 und 30, da gibt es eine junge Frau hier in Bremen, die sagt, ich arbeite gar nicht mit der Blindenschrift, als früh Erblindete.
Ich kenne ich einen Musiker, einen Blinden, der liebt diese Blindenschrift. Der ist auch in diesem Alter. Weil er sagt, es hilft mir halt, wenn ich auftrete und meine Rapsongs singe. Es hilft mir, Texte zu schreiben und der sagt sogar noch „An der Braillezeile zu lesen ist wie auf Asphalt laufen und Blindenschrift auf Papier zu lesen ist wie auf einem Waldweg laufen. Viel angenehmer viel weicher geschmeidiger.“

RB: Sie haben das positive Beispiel im Bahnhof gerade geschildert. Ich denke, dass die Beispiele vielleicht nicht immer so positiv sind. Kann man von Barrierefreiheit sprechen, auch wenn es darum geht, sich als nicht Sehender durch eine Welt, die für Sehende geschaffen ist, zu bewegen? Barrierefreiheit ist das der korrekte Begriff eigentlich auch da?

JS: Ja also Barrierefreiheit von Informationen und da gibt es eben positive wie negative Beispiele. Apps, Internetseiten müssen eine bestimmte Konvention einhalten, damit sie für unsere assistiven Technologien, die sogenannten Bildschirm Leseprogramme auch Screenreader genannt zugänglich sind. Und da gibt eben so Erfahrungen, habe ich eben gemacht und da nenne ich auch gerne Namen. Also die ARD Audiothek ist barrierefrei. Das heißt, ich kann sie als Blinder auch bedienen mit meinem Smartphone. Die taz App zum Beispiel ist aber nicht barrierefrei und das heißt ich kann die taz am Smartphone überhaupt nicht nutzen und habe mich deshalb sehr geärgert und sie abgestellt.

RB: Was halten sie eigentlich davon, dass ja viele Fernsehfilme, das fällt mir gerade ein, auch dann beschrieben werden. Also das visuelle wird beschrieben, man kann bestimmte Apps dann aufrufen, wenn man ARD guckt. Da geht es glaube ich auch und kriegt dann alles erklärt. Kommissar geht von links nach rechts, öffnet eine Tür, kriegt Wind ins Gesicht usw.. Was halten sie davon, mögen sie das?

JS: Ja, ich mag das sehr. Es hat mir noch mal Filme auch neu zugänglich gemacht. Filme interessieren mich wieder. Lange Zeit war das irgendwie so ein Medium, wo ich gesagt habe, was soll ich damit machen? Und wenn man mit Freunden ins Kino geht, die einem das beschreiben, stört man ja unter Umständen auch immer die anderen so ein bisschen. Und über diese moderne Technik im Fernsehen kann ich es jetzt zuschalten oder wegschalten, je nach Bedarf. Im Kino kann ich das über eine App nutzen, so dass ich per Kopfhörer die Bildbeschreibung ins Ohr geflüstert bekomme, ohne andere zu stören. Das sind ganz tolle Ansätze, die auch noch mal zeigen dass der Zugang zu Filmen, zu visuellen Medien zumindest bis zu einem bestimmten Grad auch verbessert worden ist.

RB: Heute am Weltbrailletag war Dr. Joachim Steinbrück bei uns. Er ist Landesbehindertenbeauftragter der Stadt Bremen. Über die Bedeutung der Schrift hat er uns vieles erklärt. Auch heute noch und welche Alternativen es gibt und worauf es überhaupt ankommt, um kommunizierend, aufnehmend und Informationen abgebend durch diese Welt zu gehen.
Ich danke Ihnen sehr, dass Sie hier waren bei uns.

JS: Ja gerne vielen Dank auch an Sie.

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