Sie sind hier:
  • PM: 2013-02: Erhellendes und Lob für Inklusion in Bremens Schulen

PM: 2013-02: Erhellendes und Lob für Inklusion in Bremens Schulen

Bertelsmann-Stiftung stellt Studie vor

Im März hat die Bertelsmann-Stiftung ihre Studie "Inklusion in Deutschland - Eine bildungsstatistische Analyse" vorgestellt, die von Prof. Klaus Klemm verfasst wurde.

Hiernach nimmt Bremen bei der Inklusion behinderter Schülerinnen und Schüler mit 55,5 Prozent den ersten Platz ein, dicht gefolgt von Schleswig-Holstein mit 54,1 Prozent. In Niedersachsen hingegen liegt die Inklusionsquote lediglich bei 11,1 Prozent.

Bemerkenswert sind auch die weiteren Feststellungen der Studie:
So bestehen der Studie zufolge bedeutende Unterschiede darin, mit welcher Wahrscheinlichkeit ein Kind als förderbedürftig eingestuft wird: In Mecklenburg-Vorpommern (10,9 %) haben anteilig mehr als doppelt so viele Schüler und Schülerinnen besonderen Förderbedarf wie in Rheinland-Pfalz oder in Niedersachsen (je 4,9 %). In Bremen liegt die Quote von Schülerinnen und Schülern mit sonderpädagogischem Förderbedarf bei 6,3 Prozent.
Uneinheitlich präsentieren sich die Schulsysteme hierzulande auch bei der Bedeutung der Sonderschulen: In Schleswig-Holstein werden lediglich 2,7 Prozent der Schüler separat unterrichtet, in Bremen 2,8 Prozent und in Mecklenburg-Vorpommern besuchen mit 7,6 Prozent anteilig fast dreimal so viele Kinder eine Förderschule.

Auch gibt es nach der Studie bei der schwerpunktspezifischen Ausprägung der Inklusion erhebliche Unterschiede: In Schleswig-Holstein werden im Förderschwerpunkt Sehen 100 Prozent der Schülerinnen und Schüler mit Förderbedarf inklusiv unterrichtet, in Bremen dagegen nur 16,4 Prozent. Zwischen Berlin und Bremen, deren durchschnittliche Inklusionsanteile mit 47,3 bzw. 55,5 Prozent beieinanderliegen, findet sich beim Förderschwerpunkt Lernen ein bemerkenswert großer Unterschied: 69,8 Prozent in Bremen und 45,5 Prozent in Berlin.
"Ganz offensichtlich gibt es zwischen den Ländern nicht nur große Unterschiede beim Ausmaß des inklusiv erteilten Unterrichts, sondern es werden zudem sehr verschiedene Wege bei der Einführung und Ausweitung der Inklusion in den einzelnen Förderschwerpunkten verfolgt", so die Feststellung in der Studie hierzu.

Insgesamt zeigt die Studie, dass jedes Bundesland deutlich anders mit Förderbedarfen von Schülern und der entsprechenden Gestaltung des Schulsystems umgeht.

"Es fehlen daher offensichtlich" - so die Schlussfolgerung im Vorwort der Studie - "nach wie vor ein gemeinsames Verständnis der Länder, inhaltliche Konzepte und bundesweite Standards."

Die Frage nach den Standards stellt sich aber auch schon allein für das Bundesland Bremen. Kann tatsächlich schon - wie es die Studie tut - von einer Inklusionsquote von 55,5 Prozent gesprochen werden, wenn Schülerinnen und Schüler in bestimmte sonderpädagogische Förderbedarfe wie z.B. "Wahrnehmung und Entwicklung", "Lernen", "Sprache", oder "sozial-emotionale Entwicklung" eingeteilt werden und sie dann auf der Grundlage dieser Einteilung bestimmten Schulen und Klassen zugeordnet werden?
So müssen Kinder und Jugendliche mit dem Förderbedarf "Wahrnehmung und Entwicklung" im Allgemeinen dieselben Schulen besuchen, die sie auch vor der Schulreform und der Auflösung der Förderzentren Wahrnehmung und Entwicklung hätten besuchen müssen.
Damals waren es Kooperationsschulen und es gab dort zumindest stundenweise (gemeinsamen) kooperativen Unterricht von Schülerinnen und Schülern mit und ohne Behinderung.
Heute werden sie als inklusive Schulen und der gemeinsame Unterricht als inklusiver Unterricht bezeichnet. Nicht erkennbar ist jedoch, welche qualitativen Veränderungen gegenüber dem früheren Kooperationsmodell erfolgen müssen, damit der Unterricht und eine Schule als inklusiv bezeichnet werden können.

Mit anderen Worten: In Bremen fehlt es bisher an einheitlichen und verbindlichen Qualitätsstandards für inklusiven Unterricht und inklusive Schule.

Die Frage nach Qualitätsstandards für inklusiven Unterricht und inklusive Schule zeigt im Übrigen auch eine Schwäche der Bertelsmann-Studie auf: Es handelt sich bei ihr um eine bildungsstatistische Analyse, die die Qualität des inklusiven Unterrichts nicht untersucht.

Dennoch macht sie deutlich, das Inklusion für das gesamte deutsche Schulsystem und damit auch für das Bundesland Bremen eine Herausforderung ist, das nicht nur Qualitätsstandards für die Inklusion zu entwickeln, sondern die Entwicklung inklusiver Schulen ressourcenmäßig auch abzusichern hat.