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Gemeinsame Erklärung der Beauftragten für die Belange von Menschen mit Behinderungen von Bund und Ländern

Impfen nach Risiko: Menschen mit Behinderungen und einem sehr hohen Risiko für einen schweren oder tödlichen Krankheitsverlauf müssen jetzt ein Impfangebot erhalten – sie dürfen nicht die Leidtragenden sein, wenn immer mehr Gruppen ohne Vorerkrankungen vorgezogen werden

Unter Berücksichtigung der Empfehlungen der Ständigen Impfkommission (STIKO) wurde die Coronavirus-Impfverordnung (CoronaImpfV) vom Bundesgesundheitsministerium erlassen. Eine Priorisierung ist erforderlich, weil immer noch zu wenig Impfstoff zur Verfügung steht, um allen Menschen in Deutschland zeitnah ein Impfangebot machen zu können. Nach und nach wurde jedoch die Verordnung verändert, beispielsweise, um bei der Wiederöffnung von Kinderbetreuungseinrichtungen und Grundschulen den dort Tätigen Schutz vor einer Infektion zu bieten. Außerdem setzen sich immer mehr Länder über die Vorgaben der Verordnung hinweg und ziehen Gruppen in ihren Impfstrategien vor, die noch gar nicht berechtigt sind. Leidtragende sind Menschen mit schwerwiegenden Vorerkrankungen und Behinderungen, deren Impfung sich dadurch verzögert, obwohl sie einen Anspruch haben. Dieses Vorgehen kann über Leben oder Tod entscheiden. Das muss ein Ende haben!

Die Beauftragten fordern daher:

  1. Es dürfen keine weiteren Gruppen in die Impfpriorisierungsliste der CoronaimpfV aufgenommen werden, wenn sie nicht selbst ein erhöhtes Risiko für einen schweren bis tödlichen Verlauf haben oder Kontaktpersonen sind.
  2. Es muss strikt nach der Reihenfolge der Impfverordnung geimpft werden.
  3. Innerhalb der Priorisierungsgruppen müssen zuerst die Personengruppen mit einem Risiko für einen schweren bis tödlichen Verlauf geimpft werden.
  4. Für Kinder mit Behinderungen oder Vorerkrankungen, die selbst nicht geimpft werden können, aber ein erhöhtes Risiko für einen schweren bis tödlichen Krankheitsverlauf haben, darf die Impfung der Kontaktpersonen nicht zahlenmäßig begrenzt werden.
  5. Zur Optimierung der Einzelfall-Verfahren beauftragen die Länder die behandelnden Ärzt*innen mit der Beurteilung des Risikos für einen schweren bis tödlichen Krankheitsverlauf.

Zur Erläuterung der letzten Forderung: Menschen mit gravierenden Risiken aufgrund einer Vorerkrankung/ Behinderung sind in vielen Fällen nicht in der Coronavirus-Impfverordnung berücksichtigt, weil ihre Diagnosen zu selten sind, um statistisch ins Gewicht zu fallen. Dafür wurden Einzelfall-Entscheidungen ermöglicht. Diese Menschen haben Angst wegen eines nachweislich erhöhten Sterberisikos – sie sehen sich gleichzeitig bedroht für den Fall, dass Triage-Entscheidungen erfolgen. Zum Teil leben sie seit über einem Jahr in Selbstisolation. Nach Auswertung der Rückmeldungen an die Beauftragten sind die derzeitigen Einzelfall-Verfahren nicht zielführend.